Radtour mit einem Engel
„Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.“ (Hebräerbrief, Kapitel 13, Vers 2)
Engel begegnen uns vor allem in der Weihnachtzeit, und da in allen möglichen Varianten. Dass mir ein Engel bei einer Fahrradtour begegnen würde, hätte ich bis vor kurzem nicht gedacht.
Meine Frau und ich waren in diesem Sommer mit einem befreundeten Ehepaar mit den Rädern unterwegs. Bei bestem Wetter fuhren wir durch belebte Orte und dann wieder durch quasi menschenleere Gegenden. Genau da war es, dass wir auf einen jungen Mann trafen, der sein Fahrrad schob. Wie man sehr schnell sehen konnte, fehlte seinem Hinterrad die nötige Luft. Er musste wohl über einen Dorn oder Ähnliches gefahren sein. Bis zum nächsten Ort waren es gut 3 Kilometer – bis dort das Fahrrad zu schieben, und das bei knallendem Sonnenschein, nicht unbedingt ein Vergnügen. Da packte mein Freund in seine Satteltasche, nahm das Reparaturset heraus und begann mit größter Selbstverständlichkeit, den defekten Reifen am Fahrrad des jungen Mannes zu flicken. Das Ganze dauerte keine Viertelstunde. Reifen aufgepumpt – fertig. Der junge Mann war überglücklich: „Sie sind ein Engel. Sie haben mich gerettet“, sagte er zu meinem Freund. Der meinte nur, dass dies ja jetzt nicht so fürchterlich spektakulär gewesen sei und wünschte dem jungen Mann eine gute Weiterfahrt.
Und ich hab so gedacht, dass das schon ein bisschen komisch war. Dass wir genau an diesem Ort zu diesem Zeitpunkt da waren und helfen konnten. Und dass ein Engel ein ganz menschliches Gesicht haben kann, das meines Freundes Alex, mit dem ich an diesem Tag eine Radtour machen durfte!
Vielleicht begegnet Ihnen heute ja auch ein Engel? Ein Mensch, von dem Sie gar nicht wissen, dass es ein Engel ist. Oder vielleicht werden Sie heute für einen anderen Menschen zum Engel? Gott weiß!
Christian Eckey ist Pfarrer in Borgholzhausen