Wort zum 24. April 2020

Ein neues Herz

Vergangene Woche war ich unterwegs auf der A 33 Richtung Paderborn. In Zeiten der Corona Pandemie erwartete ich eine freie Autobahn. Doch auch jetzt folgte ein Lkw dem nächsten, oft aus den entferntesten Gegenden Europas wie Finnland, Estland, Bulgarien.

Am heutigen Tag war der globale Klimastreik von Fridays for Future geplant, der nun hauptsächlich ins Internet verlegt wurde. Zugleich sollte der Aktionstag für das Lieferkettengesetzt stattfinden. Letzteres setzt sich dafür ein, dass Unternehmen, die ihre Fabriken ins Ausland verlegt haben, auch dort Menschenrechte und Umweltschutz einhalten. Man könnte einwenden: Angesichts der Coronakrise haben wir andere dringende Dinge zu regeln.

Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Im Garten ist die Erde ausgetrocknet, der verstärkte Ostwind und die Sonne tun das ihre. Die Landwirte bangen um ihre Frühjahrssaat. Der Spaziergang im Teutoburger Wald zeigt Unmengen von abgeholzten Fichten und auch kranke Buchen. Die Bedrohung der Erde durch den Klimawandel ist durch Corona nicht geringer geworden. Und auch das geforderte Lieferkettengesetzt ist nach wie vor aktuell, denn gerade jetzt wurden z.B. in den Textilfabriken in Bangladesch Millionen von Arbeiterinnen entlassen ohne soziale Absicherung.

Gott spricht: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ (Ezechiel 36, 26) Diese Worte machen mich hoffnungsvoll. Kann es nicht sein, dass wir in dieser weltweiten Krise unser Herz und unseren Geist von Gott erneuern lassen? Ich bete, dass das geschieht. Wir übernehmen Verantwortung für andere, sei es durch Einkaufsdienst, Verzicht auf Kontakte, Freizügigkeit und sogar Gottesdienstausfall. Solidarität wird eingeübt. Die Regierung erweist sich als handlungsstark, beugt sich nicht kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen, sondern schaut auf das gesundheitliche Wohl aller.

Unsere Welt wird eine andere sein, wenn wir durch die Krise von Corona hindurchgegangen sind. Möge es eine sein, in der das neue Herz und der neue Geist geprägt sind von einem Verantwortungsgefühl füreinander, in der wir häufiger in die Bahn als ins Auto und Flugzeug steigen, in der wir die am anderen Ende der Lieferkette beachten, oder um es zusammenfassend mit Albert Schweitzer zu sagen: In der unser Leben geprägt sein wird von einer Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Und hoffentlich ist es dann so, dass PKW und LKW sich nicht mehr drängeln müssen auf den Autobahnen und die Saat der Bauern aufgeht.  

Von Silke Beier, Gemeindepfarrerin in Werther