Andacht vom 13. September 2015

Wort zum 15. Sonntag nach Trinitatis, 13. September 2015

„Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht!“ (1. Mose 28, 16)

Ich liebe Steine. Aus jedem Urlaub bringe ich neue mit, die ich auf die eine oder andere Weise besonders finde. Der eine besticht durch seine interessante Form, ein anderer leuchtet in ganz intensivem Blau, wenn er nass ist. Wieder ein anderer hat in der Mitte ein Loch oder eine besonders schöne Maserung. An jedem finde ich irgendetwas, das mich anspricht und das ihn für mich besonders macht.

Steine sammle ich nicht nur aus Leidenschaft. Sie haben auch eine symbolische Bedeutung. Das Leben ist oft steinig. So manches Mal werden mir Steine in den Weg gelegt, Stolpersteine, Steine des Anstoßes. So scheint es jedenfalls im ersten Moment. Erst im Rückblick wird mir oft klar, dass mancher Stein meines Lebens auch ein „Stolperstein Gottes“ war. Dann geht es mir wie Jakob, der sich zum Schlafen auf einen Stein gelegt hatte. Im Traum sieht er die Engel Gottes eine Leiter zum Himmel hinauf- und herabsteigen, und er hört die Stimme Gottes, die ihm sagt: „Ich bin mit dir und will dich behüten.“ Als er erwacht, ruft er erstaunt aus: „Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht!“

Manche Steine werden im Rückblick zu Bausteinen meines Lebens mit Gott. Was zuerst wie ein Strich durch die Rechnung aussah, die ich für mich aufgemacht hatte, ist dann in Wahrheit ein Teil meiner Lebenslinie. Und ich kann feststellen: „Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht!“ Es ist hilfreich, den einen oder anderen Stein, den man am Strand findet, wie Jakob als kleinen Erinnerungsstein für sich aufzurichten. Er erinnert mich daran, dass Gott sich mir in den Weg stellt. Er gibt mir aber auch Zuversicht, dass Gott mich meinen Weg, meine Lebenslinie finden lässt. Die Zusage der Begleitung und Fürsorge, die der träumende Jakob hört, gilt auch mir. Steine sind mir ein Zeichen dafür, dass Gott selbst zu meinem Weg werden will und werden kann.


von Pfarrer Thilo Holzmüller, Schulreferent des Evangelischen Kirchenkreises Halle