Andacht vom 24. August 2014

24. August 2014 - 10. Sonntag nach Trinitatis

Israel ?!

„Israel“ begegnet sowohl als Nachricht in der Tagesschau sowie immer wieder im Alten und Neuen Testament der Bibel. Am morgigen Sonntag begegnet es auch in vielen Gottesdiensten, denn die Kirchen nennen einen Sonntag im Jahr den „Israel-Sonntag“. Worum geht es da? Um das Israel heute, um den Krieg in Israel und Gaza oder um das Volk Israel, das in der Bibel als das „auserwählte“ Volk Gottes gilt? Oder liegt genau da die Wurzel der Katastrophen bis zum heutigen Tag, dass ein Volk als auserwählt bezeichnet wird?

Worin besteht die Erwählung? Sind die einen besser als die anderen? Erwählung zielt im Verständnis der heiligen Schrift nicht nur auf den Erwählten, sondern immer auf das Ganze. Da wird niemand anderen vorgezogen, sondern Gott beruft Menschen, um durch sie noch viele andere zu erreichen. Gott vertraut dem Volk am Berg Sinai die Zehn Gebote an, damit von ihnen eine Bewegung hin zu mehr Gerechtigkeit und Freiheit ausgeht. Gott schenkt Menschen den Glauben, damit sie Gottes Segen weiter tragen in die Welt.

Die gegenwärtige Situation im Nahen Osten kann einen ratlos und verzweifelt machen. Es scheint, als würde gegenwärtig ein Grundstock für nur immer weiterführenden Hass und für immer neue Gewalt gelegt. Manche fragen: Kämen die Menschen ohne Religion eher zu Frieden und Versöhnung? Wo aber sonst, wenn nicht gerade in den heiligen Schriften kann man Grund zur Hoffnung, Mut zur Nächstenliebe und die Kraft zur Besonnenheit finden?

Was im Israel unserer Tage geschieht, ist von vornherein weder gut noch schlecht zu nennen. Mit Margot Käßmann könnte man sinngemäß formulieren: „Nichts ist gut in Gaza“, aber das allein hilft für politische Urteile auch noch nicht weiter. Gottes Verheißungen an Israel haben auch heute Bestand. Das aber kann sich nicht gegen andere wenden. Im Gegenteil: Frieden, Schalom, ist unteilbar. Wer eine Gabe Gottes empfängt und auspackt, der entdeckt gleichzeitig auch eine Aufgabe an seinen Mitmenschen.

Von Holger Hanke, Pfarrer der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Werther